Historische Spuren
Reichsdeutsche Schule (1908-1944)
1908
Pastor Richard Klar von der deutschen reformierten Gemeinde unterrichtete seit 1907 acht deutsche Kinder. Ein Jahr später erhielt er vom Königlichen Ungarischen Kultusministerium die Genehmigung zur Gründung einer Privatschule für Kinder reichsdeutscher Staatsangehörigkeit. Der Unterricht fand im Gemeindehaus in der Alkotmány utca 15 statt.
1913
Der Schule wurde vom Königlichen Ungarischen Kultusministerium gestattet, auch Ausländer mit deutscher Muttersprache aufzunehmen. Die Schülerzahl stieg auf 90. Im Schuljahr 1913/14 wechselte die RDS in die Kálmán utca 10.
1916
Nach Abschluss des Schuljahres 1915/16 konnte die erste Prüfung der mittleren Reife für die 9. Klasse abgehalten werden. Die Schülerzahl stieg auf 151.
1917
Die Raumnot führte zum Kauf eines Hauses in der Damjanich utca 4. Der Kauf wurde gemeinsam mit dem „Heim für deutsche Lehrerinnen und Erzieherinnen“ und der Firma Hans Biehn bewerkstelligt. Das Schuljahr 1917/18 begann im neuen Schulgebäude mit drei Grundschulklassen und sechs Mittelstufenklassen und insgesamt 190 Schülerinnen und Schüler – darunter auch erstmalig Kinder ungarischer Nationalität. Gleichzeitig wurde der „Verein Reichsdeutsche Schule“ gegründet.
1918
Die Entwicklung wurde mit dem Ende des Ersten Weltkrieges und der politischen Veränderungen ausgebremst. Im Schuljahr 1918/19 wurden nur drei Monate Unterricht erteilt und nur die Hälfte der Lehrer und Schüler waren anwesend.
1921
Der Königlich Ungarische Kultusminister genehmigte die RDS als vierklassige Grundschule und achtklassige Oberrealschule. Die Schülerzahl stieg auf 400.
1925
Im Juni fand die erste Reifeprüfung statt.
1926
Die RDS erhielt die Anerkennung als Vollanstalt durch den deutschen Reichsminister des Innern.
1928
Wachsende Schülerzahlen führten zum Kauf des Nachbarhauses (Damjanich utca 6). Damit erhielt die RDS die räumliche Ausdehnung, die sie bis 1944 besaß.
1933
Die Kinder reichsdeutscher Staatsangehörigkeit konnten nicht im Rahmen des gemeinsamen Unterrichts mit Kindern anderer Nationen eine nationalpolitische Erziehung erfahren. Zu diesem Zweck wurde in Budapest eine HJ-Gruppe ins Leben gerufen.
1936
Der damalige Reichsaußenminister von Neurath stattete der RDS einen Besuch ab; ebenso besuchte Reichsminister Dr. Göbbels die Schule.
1937
Oberstudiendirektor Friedrich Lange übernahm bis zum Ende der RDS die Leitung der Schule.
1938
Das 30-jährige Schuljubiläum wurde mit großem Aufwand begangen (Festakt, Theateraufführung). Die Schülerzahl stieg auf über 600 Schülerinnen und Schüler, die sich auf 21 Klassen verteilten. Damit stellte sich erneut die Raumfrage. Die Behörden des Reiches konnten für den Bau eines neuen Schulgebäudes gewonnen werden.
1941
Die jüdischen Schülerinnen und Schüler mussten die Schule verlassen. Sie konnten jedoch ihren Schulbesuch an der RDS fortsetzen, wenn sie konvertierten. So unter Druck gesetzt, verließen viele jüdische Kinder die Schule.
1944
Direktor Friedrich Lange zog die Reifeprüfung der noch verbliebenen Juden der Abschlussklasse vor, damit diese das Abitur erhielten. Als die Bombenangriffe immer schwerer wurden, entschloss sich Direktor Lange, die Schule zu evakuieren. Der Schulbetrieb, der noch in kleinem Umfang in der Hauptstadt weitergeführt wurde, endete am 12. Oktober mit der Weisung an die Reichsdeutschen, Budapest in einem Sonderzug zu verlassen.
Literatur:
Ernst Degger: „Die Reichsdeutsche Schule in Budapest“, in: Deutsche in Budapest, Deutscher Kulturverein (Hg.), Budapest 1999, S. 272-275
30 Jahre Reichsdeutsche Schule Budapest. Festschrift und Jahresbericht, Reichsdeutsche Schule Budapest (Hg.), Budapest 1938